Das Mariinskij-Theater 2
Wahrscheinlich kennen Sie das Mariinskij-Theater (Мариинский театр) - entweder von Fotos oder dem Besuch einer Oper oder eines Balletts.
Wenn nicht, klicken Sie auf den obigen Link und starten Sie einen kleinen virtuellen
Rundgang durch das alte Mariinskij-Theater. Seit Mai 2013 hat das altehrwürdige Marinskij ein
modernes Gspänli - das Marinskij 2.
Geschichte des Mariinskij 2
Das neue Mariinskij 2-Theater geht auf eine Initiative seines damaligen und heutigen künstlerischen
Leiters Valeri Gergijev
(Валерий Гергиев)
zurück, welcher sich dafür 1997 die die Unterstützung und wohl vor allem den finanziellen
Support der Russischen Föderation von Präsident Boris Jelzin sicherte. Zwei Jahre später
präsentierte der amerikanische Postmodernist Eric Moss einen von Gergijev stark
geförderten
Projektentwurf, konnte damit aber weder die russischen Entscheidungsinstanzen und noch
weniger die russische Öffentlichkeit überzeugen. Insbesondere jedoch entsprach das Projekt nicht den
russischen Bauvorschriften.
An einer 2003 initiierten Ausschreibung nahmen 5 russische und 6 nicht-russische Unternehmen teil.
Gewonnen wurde der Wettbewerb vom
Projekt des Büros des französischen Architekten Dominique Perrault mit
prognostizierten Kosten von 100 Millionen US-Dollar und einer Fertigstellung bis 2009. Nachdem die
voraussichtlichen Kosten auf 244 US-Dollar explodierten und Experten 2005 feststellten, dass die vom
Generalplaner eingereichten Unterlagen keine Pläne für u. a. Wasserversorgung, Kanalisation und
Belüftung des Gebäudes enthielten, lehnte die russische Bauherrschaft die Dienste von Dominique
Perrault ab und Perraults Architekturbüro in Russland wurde aufgelöst. Das Projekt selbst wurde
nachfolgend von Experten während dreier Jahre gründlich analysiert. Dabei wurden beinahe 400
technische Fehler entdeckt. Als Folge wurden die Urheberrechte zurück gekauft und der bestehende
Vertrag aufgelöst.
Wer schon mal den auf der
Petersburger Shopping-Meile
Nevskij-Prospekt (
Невский проспект) spazierte, hat möglicherweise bei dem ansonsten unscheinbaren Haus
Nr. 57 ein farbenfroh und kreativ dekoriertes Schaufenster mit meist bewegten Figuren und Objekten bemerkt
und vielleicht eine russische Version von Franz Carl Weber vermutet. Ein kleines Paradies mit dem Namen
Jelissejewskij verbirgt sich tatsächlich hinter dem bunten Schaufenster - allerdings eher für
Gourmets mit nicht zu knapp gefülltem Portemonnaie.
Der Legende nach wurde das Jelissejewskij von einem als Gärtner beschäftigten ehemaligen Leibeigenen
Namens Pjotr, welcher später den Namen Jelissejew annahm, gegründet. Im Winter 1812 soll Pjotr
seinen Herrn, einen Grafen aus dem Hause der Scheremetjew, und dessen Bankett-Gesellschaft mit frischen
Erdbeeren überrascht haben. Als Scheremetjew Pjotr fragte, wie er ihm danken könne, antwortete
dieser: "Schenkt mir die Freiheit!". Scheremetjew soll nicht nur den Freibrief für Pjotr ausgestellt
haben, sondern diesen auch noch mit einem 'Startgeld' ausgestattet haben.
1813 zog Pjotr mit seiner Familie von Jaroslawl nach Sankt Petersburg und eröffnete zusammen mit seinem
Bruder Grigori ein Handelskontor. Von Beginn weg spezialisierten sich die Jelissejews auf qualitativ
hochwertige einheimische sowie importierte Luxusware. Bei der Eröffnung ihres ersten
Verkaufsgeschäfts halfen ihnen ihre guten Beziehungen zur Jaroslawler Landsmannschaft. Mehr als drei
Viertel der damals 415 Petersburger Gemüsehandlungen gehörten Zugereisten aus Jaroslawl.
In den 30er- und 40er-Jahren stiegen die Jelissejews in den Weinhandel ein und besassen dazu zeitweise
mehrere eigene Schiffe. Allerdings importierten sie nicht einfach den fertig gekelterten Wein, sondern
kauften Weintrauben in den besten Anbaugebieten in Frankreich, Spanien und Portugal ein, verarbeiteten
diese in eigenen Keltereien in Bordeaux, Jerez und Madeira und transportierten den Wein schliesslich mit
ihren eigenen Schiffen nach Sankt Petersburg. Mit zunehmendem Volumen wurden die Schiffe schliesslich
verkauft und der Transport aus Kosten- und Effizienzgründen über Reedereien abgewickelt. Ab 1840
waren die Jelissejews Weinlieferanten am Zarenhof. Zunehmend investierten die Jelissejews auch in die damals
boomenden ersten Privatbanken Russlands. An Ihrem Petersburger Domizil befanden sich im Erdgeschoss das
Verkaufsgschäft für Lebens- und Genussmittel der gehobenen Klasse, im zweiten Stock ein Theater und
im dritten Stock schliesslich ein Restaurant.
Die
Eröffnung ihres Moskauer Verkaufsgeschäfts an der
Twerskaja (
Тверская) im
Jahre 1901 inszenierten die Jelissejews als Werbeaktion erster Güte: der ehemalige Palast des Grafen
Wolkonski, in welchem man das Verkaufsgeschäft einrichtete, wurde komplett mit Bretterwänden gegen
neugierige Blicke abgeschottet und über das Bauvorhaben wurde eisern geschwiegen. Eröffnet wurde mit
einer pompösen Feier, zu welcher nur die ranghöchsten Mitglieder der Moskauer Oberschicht eingeladen
wurden.
Nach etwas über 100 Jahren
endete 1914 die Herrschaft der Familie Jelissejew über ihr
Imperium abrupt und ungeplant: der damalige Direktor Grigori Jelissejew verliebte sich in die Frau
eines Sankt Petersburger Kaufmanns und bat seine Frau um die Scheidung. Diese beging darauf Suizid, drei
Wochen nach der Trauerfeier heiratete Grigori Jelissejew seine neue Liebe. Nach diesen Ereignissen wollte
keines von Grigoris Kindern die Geschäfte fortführen. Grigori löste die Familiengesellschft
auf und zog mit seiner Frau und dem gesamten Vermögen nach Paris. Das heutige Jelissejewskij trägt
zwar noch den Namen seiner Gründerfamilie, ansonsten bestehen jedoch keinerlei Verbindungen mehr zu
dieser.
Wenn Sie wieder mal vor dem fantastischen Schaufenster stehen und fleissig Fotos und Selfies knipsen - nehmen
Sie sich die Zeit und treten Sie ein. Das Jelissejewskij ist innen ebenso fantastisch und voller Fotomotive
und Sehenswürdigkeiten wie sein Schaufenster!